Unter blauem Himmel und bei strahlendem Sonnenschein fand am Sonntag der elfte Markt der Arche des Geschmacks im Freilichtmuseum statt.
IRINA KORFF
Unter dem Motto „Essen, was man retten will“ lud das Museum zusammen mit der Stuttgarter Regionalgruppe von Slow Food nach Beuren ein. Beim Markt der Arche des Geschmacks wurden selten gewordene Lebensmittel und vom Aussterben bedrohte Pflanzen vorgestellt und verkauft. „Ich freue mich, dass wir mit dem Markt immer größer werden. Der erste Archemarkt hat noch in unserem Schafstall stattgefunden“, berichtete Steffi Cornelius, Leiterin des Freilichtmuseums Beuren. Die Marktbeschicker stammen aus der Region, von der Schwäbischen Alb, vom Bodensee und dem Odenwald.
An einem Infostand der Stuttgarter Regionalgruppe konnten sich die Besucher über die verschiedenen Archepassagiere und die Arbeit von Slow Food Deutschland informieren. Das Ziel der Arche, die von Slow Food gegründet wurde, ist es, vom Aussterben bedrohte Lebensmittel zu erhalten und zu retten. „Es wäre schade, wenn wir unsere kulinarische Vielfalt unnötig einschränken müssten“, sagte Roman Lenz, Mitglied der Stuttgarter Regionalgruppe und Mitorganisator des Archemarkts. Er erzählte, dass Slow Food dafür steht, dass es nicht nur in der Landwirtschaft eine große Vielfalt gibt, sondern auch auf dem Teller. Außerdem möchte Slow Food die Agrar- und Esskultur bewahren und somit diese in der Gesellschaft kultivieren.
Momentan befinden sich deutschlandweit 58 Passagiere in der Arche. Diese Passagiere sind Gemüse, Obst, Tiere, aber auch verarbeitete Produkte wie Wurstwaren und Käse. Allein in Baden-Württemberg wurden zwischen 150 und 200 Gemüsearten festgestellt, die vom Aussterben bedroht sind. Dafür wurde von Slow Food Stuttgart ein sogenanntes „Genbänkle“ gegründet. Dort sollen über die Arche hinaus Produkte, mit dem Schwerpunkt auf Gemüse, die keine Archepassagiere sind, gezeigt werden, die in Baden-Württemberg vom Aussterben bedroht sind. „Leider sind auch schon Gemüsesorten wie der Laupheimer Sommerrettich oder das Ulmer Ochsenhorn nicht mehr auffindbar“, bedauerte Roman Lenz.
Außerdem informierten Experten bei Vorträgen und Führungen über die Rettung alter Sorten und Küchengärten, stellten die Weinbergschnecken im museumseigenen Schneckengarten vor und vermittelten Wissenswertes über alte Getreidesorten. So zum Beispiel Bettina Orthmann – sie ist Leiterin eines Landesprojekts in Rheinland-Pfalz, das alte Sorten schützt und die Sortenvielfalt fördert. Die Bevölkerung wurde dazu aufgerufen, alte Sorten zu melden und diese in eine Datenbank einzutragen. „Dies ist ein wunderbares Vorbild für uns in Baden-Württemberg, da hier bisher alles auf ehrenamtlicher Basis läuft“, so Steffi Cornelius.
An den vielen Marktständen, die sich über das Beurener Museumsgelände verteilten, gab es verschiedene kulinarische Kostproben. Zum Beispiel wurde in einer 200 Jahre alten Bauernhausküche aus Musmehl Schwarzer Brei gekocht, der zu den Archepassagieren gehört. Weitere Passagiere sind die Albschnecken, der Schwäbische Dickkopfweizen, die Ermstäler Knorpelkirsche, die Birnensorten Stuttgarter Geißhirtle und Schwarze Birne, das Filder-Spitzkraut und die Alblinsen. Ebenfalls anzutreffen waren die Höri-Bülle – Zwiebeln vom Bodensee – der Fränkische Grünkern, der Apfel Jakob Fischer aus Oberschwaben oder der Weilacker-Käse aus dem Allgäu. Diese Archepassagiere wurden vor Ort zu leckeren Kostproben zubereitet. Bei den Schnecken hatte so manch einer seine Bedenken, wer mutig genug war sie zu probieren, war begeistert.
Im Ausschank war auch der alkoholfreie Pri Secco des Landkreises Esslingen, der aus Äpfeln und Birnen des Freilichtmuseums hergestellt wurde. Archepassagiere wie die Weinbergschnecken, das Augsburger Huhn, eine vom Aussterben bedrohte Hühnerrasse, oder der Dickkopfweizen sind im Freilichtmuseum selbst beheimatet und konnten von den Besuchern angeschaut werden.
Neben den Marktständen bot die Museumsgastronomie Landhaus Engelberg Gerichte mit Archeprodukten an. Kleine und große Kinder konnten ihre eigene Kräuterbutter herstellen. Die dazu benötigten Kräuter wurden direkt aus dem museumseigenen Kräutergarten genommen. Die frische und fertige Butter konnte vor Ort mit Brot probiert werden.
Im kommenden Jahr wird das Freilichtmuseum zu einem Erlebnis- und Genusszentrum für alte Sorten und Lebensmittel ausgebaut. Dabei wird natürlich der Archemarkt ein Baustein sein, berichtete Steffi Cornelius.
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