VON SYLVIA GlERLICHS
Ein Tag für Genießer war der Sonntag im Freilichtmuseum. Tolles Wetter und kulinarische Besonderheiten – die Menschen strömten ins Museum. „Erstaunt waren wir, wie gut die Menschen informiert sind, und auch wie interessiert sie sind“, sagte Alexander Lorenz von der Slow-Food-Regionalgruppe Stuttgart. Seine Frau Sabine Fengler hat sogar das Gefühl, die Mensehen seien extra wegen des Archemarktes ins Museum gekommen. Die beiden präsentierten die Alblinsen, die eine regelrechte Renaissance feiern, nachdem man sie 2006 in der Wawrilow-Genbank in St. Petersburg wiederentdeckt hatte.
Slow Food ist eine nicht am Profit orientierte Organisation, die ein Gegenbeispiel zu Fast Food setzen wollte. Sie setzt sich weltweit dafür ein, dass jeder Mensch Zugangzu Nahrung hat, die sein Wohlergehen sowie das der Produzenten und der Ulweit erhält. Jeder Mensch hat“ aber laut
Slow Food auch die Verantwortung, das kulinarische Erbe, die Kultur und die regionalen Traditionen zu schützen. Da das Freilichtmuseum sich diesen Zielen ebenfalls verschrieben hat, passt der ArcheMarkt gut in dessen Veranstaltungskalender.
Ein Slow-Food-Dauerbrenner sind die Albschnecken, die im Freilichtmuseum ein eigenes Schneckengärtchen eingerichtet bekommen haben. Rita und Walter Goller aus Münsingen, die selbst auch einen Schneckengarten mit rund 500 Tieren haben, erklärten den Besuchern gerne alles, was es über die Weinbergschnecken zu erfahren gibt. Zum Beispiel, dass sie nur im
Winter geerntet werden. „Im Winter ist die Schnecke im Winterschlaf. Sie hat sich vorher entleert und ist entschleimt. Und bis sie im Winterschlaf merkt, dass sie stirbt, ist sie schon tot“, sagt Rita Goller. Würde man sie im Sommer ernten, müsste man die Schnecke aushungern und entschleimen, das sei eine Tortur für die Tiere.
Wie alt sind die Tiere, wenn sie geerntet werden? „Etwa vier Jahre. Sie legen das erste Mal mit drei Jahren Eier, und wir müssen ja immer Tiere zur Nachzucht haben“, erklärte Goller. Kinder interessierten sich mehr für die leeren Schneckenhäuser dle ^oller^ineinem großen Korb mitgebracht hatte. Die Versucherle wurden“eher skeptisch betrachtet.
Erstaunlich gut kam der Schwarze Brei bei den Besucherndes Museums an. Früher auf der Alb das Alltagsessen, kehrt das Gericht auf den heutigen Speiseplan zurück. Allerdings nicht oft genug, weswegen das Musmehl von Slow Food ebenfalls als Archepassagier aufgenommen wurde. Selbst
Kinder schrecken vor dem Brei nicht zurück, finden ihn sogar recht schmackhaft. „Vor allem der süße Brei ist lecker“, sagte ein Mädchen und steckte den Löffel gleich noch mal tief in den Topf. Einige ältere Besucher boten sogar an, Rezepte für Kuchen und Plätzchen aus Musmehl vorbeizubringen. Das Freilichtmuseum und seine Besucher – eine eingeschworene Gemeinschaft.
Zu den Archepassagieren zählt auch das Filderspitzkraut. Es hat eine jahrhundertealte Tradition. Industrialisierung und Mechanisierung verdrängten jedoch die Spitzkohlköpfe zugunsten des Rundkrauts. Und so gibt es von den einst 20 Sauerkrautfabriken auf den Fildern heute nur noch drei. Eine davon ist die Grötzinger Firma Kimmich, die ihren Archepassagier mit großem Erfolg im Albdorf präsentierte. Und da Mitmachen im Freilichtmuseum, vor allem bei Kindern sehr beliebt ist, ließ Museumswart Albrecht Haiplik auch die kleinen Besucher mal an den Krauthobel.
Wein aus dem Neuffener Tal, Sekt aus der Rosstriebkellerei aus Dettingen/Erms,
Brot aus Bempflingen, der echte Stuttgarter Leberkäs (ebenfalls ein Arche-Passagier), die Höri-Bülle, die Slow Food extra vom Bodensee bringen ließ, all das versprach Genuss vom Feinsten. Aber auch Professor Dr. Jan Sneyd, der zum Thema „Dickkopfweizen“ Führungen anbot, war von Besuchern umzingelt.